Der Strips & Stories Adventskalender – ZWÖLF

The ACME Novelty Library #20

Chris Ware

Fantagraphics Books


Heute übergeben wir das Wort an Kultur & Gespenster, die gerade den neuesten Band der ACME novelty library von Chris Ware besprochen haben und posten hier die ersten beiden Abschnitte der Rezenssion von Christian A. Bachmann.

Ab Ende nächster Woche ist der Band bei uns im Laden zu haben – sämtliche noch lieferbaren Ausgaben von Kultur und Gespenster gibt es auch bei uns.


Chris Wares chronisches Leiden

Chris Ware. Seit Jahren gilt er als der wichtigste Erneuerer des Mediums Comic, mindestens aber der nordamerikanischen Bildgeschichten. In einem Interview, das Dylan Williams 1994, kurz nach dem Erscheinen der ersten Nummer der ACME Novelty Library mit Ware geführt hat, erwähnt jener nebenbei eine Fortsetzungsgeschichte, an der er zu arbeiten begonnen hat. Er sagt nicht explizit, was er meint, doch wahrscheinlich handelt es sich um Jimmy Corrigan, the Smartest Kid on Earth, die zunächst serielle in seiner ACME Novelty Library erschienene Graphic Novel, die ihn zumindest in Comicleserkreisen berühmt gemacht hat. Die Worte, die Ware dafür findet, sind jedenfalls deutlich: „this is just dull, nothing is happening.“ Und bei aller Ware’schen Bescheidenheit – er hat recht. Es passiert in vielen seiner Comics. Beinahe nichts. Und die spärliche Handlung ist schmerzhaft langweilig.

Während ich das hier schreibe, überträgt die Website des Kultursenders arte ein Konzert anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Einstürzenden Neubauten aus der Pariser Cité de la Musique per Livestream, und ich frage mich, ob Wares Comics nicht auf gewisse Weise mit der Musik der Band zu vergleichen ist. Das Konzert ist im wörtlichen Sinne entsetzlich langweilig. Die Musik zwingt zu größter Aufmerksamkeit, die Nackenhaare sträuben sich, die Nerven sind angespannt, doch eigentlich passiert nicht viel. Auch inhaltlich und formell haben Ware und die Neubauten einiges gemeinsam: eine durchdringende Melancholie, ein leiser, oft zurückhaltender, aber ausdrucksstarker Stil, der von schrillen Pfiffen und lauten, nicht selten schiefen Schreien gebrochen wird –, oder eben von intensiven Bildern, die aus dem Layout ausscheren oder mit brutaler Einfachheit irritieren. Chris Ware und die Einstürzenden Neubauten gehen, wie man so sagt, unter die Haut. Nun sollte man diesen Vergleich nicht zu sehr strapazieren, denn beiden geschieht damit Unrecht, insofern sie auf Gemeinsamkeiten reduziert werden, während die jeweiligen medialen Besonderheiten vernachlässigt werden, die bei Ware wie auch bei den Einstürzenden Neubauten von immenser Bedeutung sind.

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-hky-